FinTechs – Die wichtigsten Errungenschaften und technologischen Trends

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FinTechs Errungenschaften

Der Begriff „FinTech“ an sich steht für „Finanztechnologie“. Mit dem Plural „FinTechs“ werden alle modernen Technologien bezeichnet, die in der Finanzwirtschaft eingesetzt werden. Die Palette ist dabei sehr vielfältig. So wurden in den letzten Jahren beispielsweise in den Bereichen Dienstleistung und digitaler Produkte neue Maßstäbe gesetzt. Und der Finanzsektor stellenweise gar revolutioniert. Meist sind mit dem Begriff „FinTechs“ im allgemeinen Sprachgebrauch aber eher die Unternehmen gemeint, die solch moderne Finanztechnologien auf den Markt bringen und anbieten.

In den letzten Jahren sind eine Vielzahl moderner Finanztechnologien auf den Markt gebracht worden, die es Kunden erlauben, Geld über das Internet anzulegen und oder zu transferieren (Stichwort: „Online-Banking“). Die größte Hürde für die Kunden stellt dabei die Online-Sicherheit dar. Mit den neuen Produkten und Dienstleistungen der jungen FinTechs gelangen nicht nur innovative Finanztechnologien an sich auf den Markt – sie sind sogar Treiber der gesamten Finanzbranche.

Der Trend geht zur Kooperation von Banken und FinTechs

FinTechs sind mittlerweile zu einer echten Konkurrenz für etablierte Bankhäuser avanciert und ergänzen oder innovieren oft bereits vorhandene Dienstleistungs- oder Produktkonzepte. Auch „disruptive Technologien“ genannt. Man denke dabei nur an das erfolgreich aufkeimende Segment der „digitalen Anlageberatung“, welches mit hoher Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren die etablierte Konkurrenz vom Markt fegen wird. Grundsätzlich zeichnete sich in letzter Zeit aber mittlerweile sogar ein Trend zur Kooperation ab. Beide Seiten sind mittlerweile bestrebt, nutzbringende Synergien miteinander einzugehen.

Wie eng verwoben und erfolgreich FinTechs und Banken mittlerweile kollaborieren können, zeigte jüngst die Umsetzung der strategischen Banking-Plattform „dbPalace“, mit der Optimierungen im Bereich des Risiko-Managements und der Gewinn- und Verlustrechnung erwirkt werden konnten. Für das Digitalisierungsprojekt wurden das FinTech „GFT“ und die Deutsche Bank im Jahre 2017 mit dem „Financial Innovation Award“ in der Kategorie „Beste FinTech-Partnerschaft“ ausgezeichnet. Die Financial Innovation Awards gehören zu den bedeutendsten Auszeichnungen im Finanzsektor.

Diese Vorzüge brachten die Innovationen von FinTechs

Mittlerweile haben die FinTechs einige beeindruckende finanztechnologische Innovationen auf den Markt gebracht, die gehörige Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft herbeigeführt haben.

Personenidentifikation über Video-Chat

FinTechs haben die Personenidentifikation über das Internet revolutioniert. Mit nur wenig Technik im Gepäck lassen sich fortan beispielsweise Girokonten einrichten und andere Online-Banking Geschäfte tätigen. Die Voraussetzungen dabei sind marginal: ein Internet-fähiges Gerät (z. B. Smartphone) mit Kamera, welches LIVE-Videos übermitteln kann. Zur Identifikation der Person wird noch der Personalausweis oder Reisepass benötigt.

Wie läuft es ab? Der Kunde erhält dabei von seiner Bank einen Link, der ihn zum Video-Ident-Verfahren führt, das von einem geschulten Mitarbeiter begleitet wird. Zur Identifikation zeigt der Kunde seinen Personalausweis in die Kamera. Vereinzelt wird anschließend noch eine zusätzliche Bestätigung über eine TAN per SMS oder E-Mail realisiert. Wurde die Identifikation erfolgreich abgewickelt, so kann der Kunde dann wie gewohnt seine Bankgeschäfte „online“ durchführen. Der Vorteil für die Bankkunden besteht in der schnellen und unkomplizierten Identifizierung der eigenen Person gemäß deutschem Geldwäschegesetz. Wie genau ein Video-Ident-Verfahren ablaufen muss, wird von der BaFin in Veröffentlichungen detailliert geregelt.

Echtzeitüberweisung (Instant Payment)

Anwendungen (z. B. „Apps“) von FinTechs erlauben es Kunden, Geldbeträge in „Echtzeit“ zu übermitteln. Einfach und unkompliziert über das Internet: per Handy, SMS oder E-Mail. Binnen nur weniger Sekunden wird der versendete Betrag dem Empfängerkonto gutgeschrieben. Auf diese Weise bringen die FinTechs mit ihren Instant Payments unsere Art der Zahlweise auf ein neues digitales Level.

Der milliardenschwere Zahlungsdienstleister Transferwise (Im Juli 2020 ein Wert von fünf Milliarden Dollar), agiert sogar noch einen Schritt weiter und kooperiert für die Etablierung eines eigenen Bezahlsystems mit der litauischen Zentralbank. Über ein dortiges Euro-Konto wird es dem FinTech ermöglicht, den Kunden Echtzeitüberweisungen in der EURO-Zone anzubieten. Und dass, obwohl dem FinTech eigentlich nach wie vor der Bankstatus fehlt. Dies ist insofern revolutionär, als bisherige Technologieunternehmen für die Abwicklungen von Zahlungsvorgängen stets den Zugang zu den Systemen traditioneller Banken benötigten.

Für das FinTech Transferwise entfallen somit die sonst für traditionelle Bankhäuser typischen Wechselkursaufschläge. Das senkt die Kosten und verbessert die eigene Wettbewerbsfähigkeit am Markt. Das Verfahren SEPA Instant Payment an sich wird aber inzwischen (2020) von so gut wie allen traditionellen Banken angeboten. Zukünftig dürften Beträge bis zu 100.000 Euro übermittelt werden. Somit wird diese Zahlvariante zusätzlich für den B2B-Zahlungsverkehr attraktiv.

Vollautomatische Ausfüllung von Überweisungsmasken im Online-Banking

Im März 2012 präsentierte die Deutsche Bank auf der Cebit den Prototyp einer neuen App-Funktion: die „Fotoüberweisung“, die altertümliche Überweisungsformulare digitalisieren solle. Mittlerweile wird die Funktion von etlichen Banken über eine App angeboten. Der Clou der innovativen App-Funktionsart: sie ermöglicht mit der herkömmlichen Smartphone-Kamera, dass Formulare nicht mehr aufwendig von Hand ausgefüllt werden müssen (so u. a. die IBAN-Nr.).

Der Ablauf bei den meisten angebotenen Apps: Das Formular wird vom Smartphone abfotografiert und die Daten automatisch von der App-Funktion eingelesen. Die Überweisungsmaske wird sodann automatisch ausgefüllt. Der Anwender prüft die Daten nun noch einmal. Abschließend wird der Vorgang noch über eine TAN-Nummer authentifiziert, bevor die Transaktion stattfindet. Auf diese Weise wird der Vorgang einer Online-Überweisung einfacher und bequemer.

Vereinfachung von Konto- oder Depotwechsel

Einige Bankhäuser bieten mittlerweile automatisierte „Online-Kontowechsel“ an, die in Kooperation mit FinTechs entwickelt und umgesetzt werden. FinTechs, die dafür Lösungen anbieten, sind beispielsweise Finreach (Koop. Bank: DKB), Kontowechsel24 oder Fino Digital (z. B. Koop-Bank: Consorsbank).

Praxisbeispiel: „fino Kontowechsel-App“:

So entwickelte jüngst die Commerzbank im Verbund mit dem FinTech „fino digital“ eine moderne Lösung, mit der die Kunden einen Kontowechsel binnen zehn Minuten realisieren können. Ein Wechsel zur Commerzbank sei so vollautomatisch per App und Smartphone möglich. Ein Kontowechsel erfolge über diese App offenbar effizienter. Es heiße, mit dem neuen Verfahren werde bei jedem Kontowechsel einiges an Zeit und Aufwand eingespart. Interessanterweise erfolgt der gesamte Vorgang des Kontowechsels dabei ausschließlich auf dem Smartphone – ohne eine Filiale vor Ort besuchen zu müssen. Die Entwicklung der App habe über die Kollaboration insgesamt nur sechs Monate gedauert.

Innovationen im Zahlungsverkehr

Viele FinTechs agieren im Segment moderner Bezahlverfahren. Angezogen werden sie dabei von der Gegebenheit des einfachen Markteintritts. Die Entwicklung und Umsetzung von Dienstleistungen im Zahlungsverkehr sind weniger komplex als bei anderen Geschäftsmodellen. Die schnelle und weitflächige Verbreitung von Smartphones in der Bevölkerung spielten diesen FinTechs dabei in die Hände. Denn viele Lösungen von ihnen sind auf mobile Endgeräte zugeschnitten. Weiter gab und gibt es in diesem Segment noch Potenzial für technologische Neuentwicklungen.

Mobile-Wallet-Lösungen

Einige FinTechs haben sich auf das Anbieten von sogenannten „Mobile-Wallet-Lösungen“ spezialisiert, die sich meist dem mobilen Bezahlverfahren zuordnen lassen. Die Lösungen unterscheiden sich aber von den Produkten des Segments des Mobile Payments. Eine „Mobile-Wallet“ ist meist eine App auf dem Smartphone oder Tablett, die als eine Art digitale Brieftasche für eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen fungiert.

Virtuelle Währungen und Blockchain

Relativ bekannt sind virtuelle Währungen als Geschäftsansatz der FinTechs. Eine virtuelle Währung ist, vereinfacht ausgedrückt, ein virtueller „Wert“, der jedoch nicht von der Zentralbank oder einer Behörde in die Welt gesetzt wird – und des Weiteren nicht unbedingt in einer Beziehung zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln, wie dem Euro auf Banknoten, stehen muss. In Computernetzwerken werden neue Geldeinheiten der virtuellen Währungen geschöpft.

Eine virtuelle Währung, die des Öfteren in Vergangenheit für Schlagzeilen sorgte, sind die „Bitcoins“, deren Transaktionen wie auch bei anderen digitalen Währungen nur dezentral realisiert werden. Der Bitcoin kann gegen gängige Währungen wie dem Euro umgetauscht werden.

Technisch gesehen werden virtuelle Währungen mit der Distributed-Ledger-Technologie realisiert. Beim Bitcoin wird sie „Blockchain-Technologie“ genannt. Es ist eine Art von dezentralem Buchungssystem, über das die Transaktionen der Nutzer laufen. Es ermöglicht preisgünstige Transaktionen von Vermögenswerten und Finanzprodukten über ein schnelles Computernetzwerk – ohne erst den Umweg über einen Vermittler gehen zu müssen. Dass sich die zwei Beteiligten des Austauschs untereinander kennen oder vertrauen, ist dafür nicht nötig. Um Betrügereien vorzubeugen, wird ein spezielles Prüfverfahren angewandt.

Crowdfunding

In der Gründungsphase einer Unternehmung wird nicht selten einiges an Kapital benötigt. Kredite und Darlehen für Gründungsvorhaben werden aber nicht immer gewährt, beispielsweise aufgrund fehlenden geregelten Einkommens oder eines zu hohen Kreditrisikos. Deshalb ist die alternative Finanzierungsform des Crowdfunding besonders interessant für junge Unternehmer, die noch nicht über ausreichende finanzielle Mittel und Sicherheiten verfügen. Crowdfunding wird im deutschsprachigen Raum auch als Schwarmfinanzierung bezeichnet. Beim Crowdfunding wird von vielen Beteiligten Geld eingesammelt, um ein Projekt (wie z. B. Gründungsvorhaben) zu finanzieren und eine Realisierung zu ermöglichen.

Einige FinTechs haben sich auf das Crowdfunding-Segment spezialisiert und bieten derartige Plattformen im Internet an. Ein Hauptansatz ist dabei meist die Zusammenführung von potenziellen Investoren mit den Gründern. Ein großer Vorteil von Crowdfunding für die Gründer ist zusätzlich u. a., dass es sich leicht realisieren lässt: Der Gründer stellt ein Video auf die Plattform, in dem er sich und seine Idee vorstellt. Und nun liegt es an den potenziellen Investoren, wie sie diese Idee bewerten und unterstützen mögen.

Social-Trading-Plattformen

Eine weitere sehr interessante Errungenschaft von FinTechs sind Social-Trading-Plattformen. Anleger können darüber einfach und preiswert im Internet auf die Finanzmärkte zugreifen und im Verbund eines sozialen Netzwerkes ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit anderen austauschen. Jeder Nutzer hat dabei Zugriff auf das gemeinschaftliche Wissen.

Gerade für Finanzneulinge ist dies sehr interessant. Die Strategien bereits versierter Trader können nachvollzogen und selbst umgesetzt werden. Mit der Nachverfolgung einer „Profi“-Strategie versprechen sich unerfahrene Finanzanleger verständlicherweise eine Risikominimierung und Profitmaximierung. Mit Vorsicht zu behandeln sind allerdings auch die hochspekulativen Finanzderivate, die u. a. auf vielen Social-Trading-Plattformen gehandelt werden.

Die unerfahrenen Social Trader erfahren über ihr „Following“ an versierten Tradern eine Form indirekter Anlageberatung und Fondsmanagement. Ein Vorteil für Trader sind die gering gehaltenen Gebühren – stellenweise kann bereits mit 50 € begonnen werden.

Robo-Advisory: Automatisierte Anlageberatung und Portfolioverwaltung

Einen regelrechten Trend entfachten in den vergangenen Jahren jene FinTechs, die eine automatisierte Anlageberatung und Portfolioverwaltung über das Internet anbieten. In den Fach- und Leitmedien ist lautstark die Rede vom Trend der Robo-Advisors.

Robo-Advisors sind Online-Vermögensverwalter, die das Investitionskapital ihrer Kunden mithilfe modernster Technologien algorithmenbasiert verwalten. Und automatisch die Kundenportfolios entsprechend der Marktlage optimieren. Für Einzel-Transaktionen und Optimierungen am Portfolio bedarf es während des Anlageprozesses keiner extra Erlaubnis der Kunden. Ein großer Vorteil: Robo-Advisors sind für die Anleger relativ einfach und ohne tiefergehende Finanz- und Marktkenntnisse zu bedienen. Und sind daher u. a. besonders bei Finanzneulingen beliebt, die sich erstmals mit einer professionellen Geldanlage beschäftigen möchten. Weitere Vorzüge von Robo-Advisors liegen in den geringen Gebühren (i. d. R. < 1% pro Jahr) und niedrigen finanziellen Hürden. So kann beim derzeitigen Marktführer Scalable Capital bereits mit einer Anlagesumme von nur 10.000 € begonnen werden.

Robo-Advisory trifft den Zeitgeist. Es existiert mittlerweile eine große Vielfalt von Finanzprodukten und -instrumenten auf dem Markt – die Privatanleger jedoch schnell überfordern können. Allein auf dem Markt der ETFs gibt es derzeit rund 1.500 erhältliche Indexfonds zur Auswahl. Sich mit einer eigenen Geldanlage auseinanderzusetzen und passende Finanzprodukte auszusuchen ist sehr zeitintensiv. (Arbeits-)Zeit, die viele Privatanleger nicht unbedingt investieren können oder wollen. Und wer richtig investieren will, muss erst einmal über eine gewisse Finanzbildung verfügen, andernfalls steigt das Risiko, weitreichende Fehlentscheidungen bei einer Vermögensanlage zu treffen.

Ein Grund für den rasanten Vormarsch der Robo-Advisor-FinTechs ist sicherlich der derzeitig suboptimale Ruf der menschlichen Vermögensverwalter – der spätestens seit der Finanzkrise 07/08 ramponiert ist. Es ist bekannt, dass viele von ihnen provisionsgetrieben agier(t)en und dabei nicht unbedingt das (Anlage-)Wohl des Kunden fokussieren.

Diese Lizenzen erwerben FinTechs für die Realisierung ihrer Geschäftskonzepte (Banklizenz vs. E-Money-Lizenz)

FinTechs agieren meist ohne Banklizenzen, was ihnen aufgrund der niedrigeren oder gar fehlenden Gebühren einen Kostenvorteil verschaffen kann. Eher seltener sind die Produkte und Dienstleistungen der FinTechs so konzipiert, dass sie den Regularien der nationalen Aufsichtsbehörde unterliegen. Anders hingegen sieht es aus in Bezug auf die E-Money-Lizenz aus. Denn: Sobald Geschäfte mit elektronischem Geld getätigt werden, benötigen die FinTechs die E-Money-Lizenz. Werden u. a. beispielsweise Kundengelder in Besitz genommen, ist die E-Money-Lizenz für die FinTechs eine Pflicht.

Die Banken- und -E-Money-Lizenzen werden anhand verschiedener Kriterien vergeben. Zulassung und Kontrolle erfolgt jedoch über die BaFin. FinTechs können aber auch ohne eine derartige Lizenz am Markt partizipieren. Unter der Voraussetzung, ein FinTech arbeitet dabei mit einem Finanzdienstleistungspartner (z. B. Ein traditionelles Bankhaus) zusammen, der über die notwendige Lizenz verfügt. Über eine kooperierende Bank können die Transaktionen regelkonform realisiert werden, unter der Berücksichtigung aller von der BaFin gesetzten Regularien.

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