Bankberatung im Check – Empfehlungen kritisch hinterfragt

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Bankberatung

Viele Menschen in Deutschland vertrauen ihrem Bankberater, dass er ausreichende Kenntnisse besitzt, um sinnvolle Empfehlungen geben zu können. Leider zeigen Untersuchungen allerdings nicht selten, dass sich an der Qualität der Beratung mangelt. Zu diesem Ergebnis kommen beispielsweise Tests, die von Finanztest durchgeführt wurden. Generell hat sich der Schwerpunkt der Bankberatung in den letzten 10 bis 20 Jahren verschoben. Ging es früher tatsächlich in erster Linie um eine bedarfsgerechte Beratung der Kunden, steht heutzutage oftmals der Verkauf von Produkten im Vordergrund. Nicht nur aus diesem Grund sollten Sie Empfehlungen der Bankberater kritisch hinterfragen.

In welchen Fällen ist eine Beratung sinnvoll oder gar notwendig?

Immer mehr Menschen nutzen heutzutage das Internet, um Bankprodukte in Anspruch zu nehmen. So wird beispielsweise ein Girokonto über die Webseite der Bank beantragt, der Kredit online aufgenommen oder ein Sparvertrag über das Internet abgeschlossen. Bei nahezu allen Standardprodukten, zu denen insbesondere das Girokonto, Sparverträge und Ratenkredite zählen, ist normalerweise keine Beratung mehr notwendig. Das liegt daran, dass die Bankprodukte einfach verständlich sind und eben über das Internet beantragt werden könnten. Auf der anderen Seite existieren allerdings nach wie vor einige Beratungsanlässe, zu denen es sinnvoll sein kann, ein persönliches Gespräch mit dem Bankmitarbeiter zu führen. Solche Anlässe sind in erster Linie:

  • Umfangreichere Geldanlage
  • Vermögensaufbau / private Altersvorsorge
  • Bausparen
  • Absicherung im Check (Versicherungen)
  • Größere Finanzierungen

In den genannten Fällen ist es oftmals sinnvoll, eine klassische Bankberatung in Anspruch zu nehmen. Wir möchten nun in den genannten Kategorien einige Tipps und Ratschläge überprüfen, wie sie von Bankmitarbeitern häufiger gegeben werden.

Umfangreichere Geldanlage: Ihr Risikoprofil sollte im Fokus stehen

Eine der größten Herausforderungen in der Bankberatung ist es, für den Kunden die passende Geldanlage zu finden. An dieser Aufgabe scheitern nicht wenige Bankberater, was auch bereits angesprochene Untersuchungen zeigen. Oftmals wird zum Beispiel bemängelt, dass die Anlagevorschläge nicht am Risikoprofil des Kunden orientiert sind. Dabei ist die Einstellung zu Rendite und Risiko eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass die passende Anlageform gefunden werden kann.

Dennoch gibt es im Bereich der Anlageberatung natürlich auch gute und sinnvolle Vorschläge, auf die Sie unbedingt achten sollten. Die folgenden Ratschläge zahlreicher Bankmitarbeiter möchten wir einem kurzen Check unterwerfen.

„Verteilen Sie Ihr Kapital auf mehrere Anlageformen“

Dieser Ratschlag ist definitiv sinnvoll und bezeichnet die sogenannte Diversifikation. Es ist statistisch erwiesen, dass Sie durch das Verteilen Ihres Kapitals auf mehrere Anlageprodukte – bestenfalls aus unterschiedlichen Risikoklassen – das gesamte Risiko minimieren können.

„Mit Zertifikaten sind Sie auf der sicheren Seite“

Dass diese Aussage leider falsch ist, hat im negativen Sinne eindrucksvoll die Finanzkrise 2008 gezeigt. Damals meldete die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an und zahlreiche Anleger erlitten Totalverluste, weil sie Zertifikate des Kreditinstitutes im Depot hatten. Bei Zertifikaten besteht immer ein Emittentenrisiko, sodass diese Produkte keineswegs als sehr sicher bezeichnet werden können.

„Mit Aktien erzielen Sie die besten Renditen“

Diese Aussage ist differenziert zu betrachten. Zum einen gehören Aktien tatsächlich zu den Finanzprodukten, mit denen Sie langfristig die besten Renditen erzielen können. Der Durchschnittsertrag liegt global betrachtet bei sieben bis acht Prozent im Jahr. Allerdings kommt es auf der anderen Seite sehr darauf an, für welche Aktien Sie sich entscheiden. Hier sind die Unterschiede enorm, sodass beste Renditen keineswegs grundsätzlich für eine Aktienanlage garantiert sind.

„Für eine Immobilienanlage brauchen Sie viel Kapital“

Diese Aussage trifft lediglich auf ein Direktinvestment, also den Kauf einer Immobilie, zu. Mittlerweile gibt es allerdings mehrere Alternativen in Form einer indirekten Anlage in Immobilien, insbesondere offene Immobilienfonds und das Crowdinvesting. Dort können Sie schon ab 50 Euro (offene Immobilienfonds) bzw. 100 bis 500 Euro (Crowdinvesting) in Immobilienprojekte oder in Anteile von Immobilienfonds investieren.

Vermögensaufbau und private Altersvorsorge:

Bezüglich des Aufbaus einer privaten Altersvorsorge ist es besonders wichtig, dass die Beratung das für den Kunden optimale Ergebnis beinhaltet. Oft zahlen Sie nämlich über Jahrzehnte hinweg in den Sparvertrag ein, sodass falsche Entscheidungen fatal wären. Im Bereich Vermögensaufbau und private Altersvorsorge gibt es ebenfalls einige Empfehlungen, die Sie kritisch prüfen sollten.

„Sparen lohnt erst ab monatlich 200 Euro.“

Diese Aussage ist so nicht richtig. Es kommt beim regelmäßigen Sparen immer auf mehrere Faktoren an, wie zum Beispiel das gewünschte Sparziel, die Rendite und vor allem, über welchen Zeitraum hinweg Sie ansparen können. Nehmen wir einmal an, Sie sind 27 Jahre und könnten daher bis zur Rente noch 40 Jahre in einen Sparplan einzahlen. Bei einer Rendite von 5,5 Prozent im Jahr und einer monatlichen Rate von nur 50 Euro hätten Sie nach 40 Jahren insgesamt rund 84.000 Euro an Kapital angespart. Dies wiederum würde ca. 10 Jahre ausreichen, um monatlich einen Betrag von etwa 700 Euro entnehmen zu können.

„Lebensversicherung ist ein gutes Produkt zum Vermögensaufbau“

Diese Aussage trifft heutzutage leider nicht mehr zu, wird allerdings von nicht wenigen Bankberatern getroffen. Ein Grund könnte darin bestehen, dass viele Mitarbeiter eine Provision erhalten, wenn sie eine Kapitallebensversicherung verkaufen. Sinnvoll ist dieses Produkt allerdings aktuell aufgrund der deutlich gesunkenen Renditen oft nicht mehr. Bei vielen Neuverträgen erzielen Sie im Schnitt nur noch eine Rendite von knapp unter drei Prozent im Jahr. Zudem ist die Lebensversicherung – wenn überhaupt – nur dann sinnvoll zum Vermögensaufbau, wenn Sie nicht nur regelmäßig sparen, sondern Ihre Angehörigen finanziell absichern möchten.

Bausparen als häufiger Beratungsanlass: Bauspardarlehen sollte im Fokus stehen

Ein weiterer häufiger Beratungsanlass bei einem Gespräch mit der Bank ist das Bausparen. Sie müssen dazu nicht zwingend eine Bausparkasse aufsuchen, sondern die meisten größeren Kreditinstitute arbeiten mit einer Bausparkasse als Partner zusammen und können die Beratung selbst durchführen. Häufige Aussagen in diesem Zusammenhang sind unter anderem die folgenden.

„Bausparen lohnt sich für alle Häuslebauer“

Diese Aussage sollte sehr differenziert betrachtet werden, denn sie trifft mittlerweile nicht mehr uneingeschränkt zu. Auf der einen Seite kann das Bausparen zwar nach wie vor durch ein sehr zinsgünstiges Darlehen überzeugen. Auf der anderen Seite ist allerdings die Verzinsung während der Ansparphase das große Manko. Der Zins beim Bausparen liegt heutzutage nämlich häufig unterhalb von einem oder sogar unterhalb von 0,5 Prozent. Da zudem gewöhnliche Hypothekendarlehen schon zu einem Zins von unter 0,8 Prozent vergeben werden, kann es häufig die bessere Alternative sein, einen Spar- und Darlehensvertrag zu trennen. Bauen Sie beispielsweise zunächst einmal mit einem Fondssparplan Vermögen auf und nehmen anschließend ein gewöhnliches Hypothekendarlehen in Anspruch.

„Beim Bausparen gibt es attraktive Förderungen“

Attraktiv ist in diesem Fall sicherlich Definitionssache. Tatsache ist, dass es beim Bausparen die Möglichkeit gibt, folgende Förderungen einzubinden:

  • Riester-Rente
  • Wohnungsbauprämie
  • Arbeitnehmersparzulage

Zwei dieser Förderungen, nämlich die Wohnungsbauprämie und die Arbeitnehmersparzulage, belaufen sich im Jahr unter 100 Euro. Die Riester-Rente hingegen ist attraktiver, allerdings insbesondere dann, wenn Sie über ein oder bestenfalls mehrere Kinder verfügen.

Absicherung als wichtiges Thema: welche Versicherung brauche ich?

Ein Beratungsanlass, bei dem erwiesenermaßen seitens der Berater häufig Fehler gemacht werden, betrifft den Bereich der Absicherung. Die Deutschen gelten teilweise als überversichert, sodass es von entscheidender Bedeutung ist, den Bedarf individuell zu ermitteln.

„Eine Privathaftpflicht brauchen Sie auf jeden Fall“

Diese Aussage ist richtig, denn die Privathaftpflicht-Versicherung sollte jeder volljährige Bürger haben, der nicht mehr über die Eltern versichert werden kann. Die private Versicherung gilt als unverzichtbar, da sie zahlreiche Risiken aus dem Alltag bereits absichert und sofort großen finanziellen Schäden schützt.

„Als Mieter oder Eigentümer brauchen Sie eine Hausratversicherung“

Meistens ist diese Aussage richtig, allerdings nicht immer. Sind Sie beispielsweise gerade erst in die eigene Wohnung gezogen, haben Sie vielleicht noch nicht viele Möbel, Einrichtungsgegenstände oder sonstiges Inventar. Beläuft sich der Gesamtwert des Hausrates beispielsweise nur auf wenige Tausend Euro, muss noch nicht zwingend eine Hausratversicherung abgeschlossen werden.

„Eine Risikolebensversicherung sollte jeder haben“

Würden man diese Aussage in ihrer pauschalen Weise stehen lassen, kann sie nur als falsch bezeichnet werden. Die Risikolebensversicherung hat einen Sinn und Zweck, nämlich Angehörige des Versicherungsnehmers im Fall dessen Todes finanziell abzusichern. Für Familien und auch Ehepartner kann die Risikolebensversicherung daher durchaus sinnvoll sein. Wer allerdings keine nahen Angehörigen hat, insbesondere keinen Partner oder keine Kinder, für den macht eine Risikolebensversicherung in den meisten Fällen überhaupt keinen Sinn.

An den zuvor genannten Beispielen können Sie erkennen, dass es durchaus Sinn macht, in der Bankberatung kritisch zu sein und Aussagen immer zu überprüfen. Daher raten Experten dazu, dass Sie sich nach dem Termin eine Bedenkzeit erbeten und nicht unbedingt immer sofort eine Entscheidung für oder gegen einen Vorschlag treffen.

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